Lesetipp von Nicole Christiansen - 18.04.2018
Roman, Kiepenheuer & Witsch, 20,00 €
In der Münchner Pinakothek hängt ein Porträt von Eduard Graf von Keyserling, welches sein Freund und Zeitgenosse Lovis Corinth um 1900 während eines gemeinsamen Aufenthalts am Starnberger See malte.
Es zeigt einen Mann von beeindruckender Häßlichkeit, wohl auch schon gezeichnet von seiner fortschreitenden Krankheit.
1855 kam Keyserling auf Schloß Paddern in Kurland, heute Lettland, zur Welt. In drei Handlungssträngen führt Klaus Modick den Leser in seinem biographischen Roman ins Baltikum, nach Wien und vor allem nach München. Hier verleben Keyserling und seine Freunde Max Halbe, Franz Wedekind und der schon erwähnte Lovis Corinth 1901 eine herrliche Sommerfrische am See. Das Zusammensein wird allerdings überschattet von einem dunklen Geheimnis aus Keyserlings Vergangenheit. Eine Affäre? Wettschulden? Oder was könnte es sein?
Vor dem geistigen Auge entstehen stimmungsvolle Bilder, die den impressionistischen Werken des portraitierten Dichters wunderbar entsprechen. Und hier liegt die große Kunst von Klaus Modicks Romanen. Wie schon in seinem Rilke und Vogeler-Portrait „Konzert ohne Dichter" fühlt sich der Leser versetzt in die Zeit dieser Künstler und genießt die zauberhafte Atmosphäre und durchaus auch deren Humor. So sitzen die Freunde am Frühstückstisch und es duftet nach Kaffee und frischen Semmeln. „Halbe läßt die Zeitung auf die Knie sinken, schmunzelt. „Hast Du etwa auch gebadet?" „Ich bade nur noch in Erinnerungen", sagt Keyserling.
Lesetipp von Ingrid Fiedler - 11.04.2018
Roman, Hoffmann und Campe, 16,00 €
„Château Mort" ist der der zweite Fall von Kommissar Luc Verlain, den die Krankheit seines Vaters von Paris ins Aquitaine verschlagen hat. Dieser Kriminalroman beginnt ungewöhnlich: Während eines Marathons, bei dem die Läufer in bunten Kostümen antreten und von den Winzern verköstigt werden, geschieht ein Mord. Ausgerechnet der beste Freund des Kommissars wird verdächtigt den Winzer Hubertus vergiftet zu haben. Die Lösung dieses Falls wird für den Kommissar zu einer Herausforderung, denn er ist hin und her gerissen zwischen der Loyalität zu seinem alten Freund und seiner Partnerin Anouk, die Richard für den Täter hält. Und so hegt er zunehmend starke Zweifel an der Unschuld seines Freundes.
Der Leser taucht hier ein in die Welt der edelsten Weinschlösser der Welt und blickt ein wenig hinter die Fassade. Spannend und atmosphärisch geschrieben, regt dieser Krimi dazu an, sich mit einem Glas Wein in den Schatten oder vor das Kaminfeuer zu setzen.
Alexander Oetker war langjähriger Frankreichkorrespondent für RTL und n-tv.
Lesetipp von Sigrid Lemke - 28.03.2018
Aus dem Englischen von Lutz-W. Wolff
Insel Verlag, 24,00 €
Susan Ryeland ist Lektorin bei einem kleinen Londoner Verlag und betreut seit Jahren den Krimiautoren Alan Conway. Seine Erfolge sind wichtig für das Überleben des Verlages, so dass jedes neue Buch von Conway ein besonderes Ereignis ist. Als das neue Manuskript „Die Morde von Pye Hall" vorliegt, stellt Susan fest, dass das letzte Kapitel – bei einem Krimi ja wohl das entscheidende – fehlt und der Autor offenbar Selbstmord begangen hat. Susan will unbedingt die fehlenden Seiten finden und wissen, wer der Mörder der Toten von Pye Hall ist. Doch je mehr sie nachforscht desto rätselhafter erscheint der Tod von Alan Conway.
Horowitz bietet uns ein Buch im Buch und damit auch zwei spannende Kriminalrome in einem und das auch noch very british!
Lesetipp von Susanne Sießegger - 21.03.2018
Aus dem amerikanischen Englisch von Frauke Brodd
Roman, Eisele Verlag, 22,00 €
Dieser ergreifende und feinfühlig geschriebene Familienroman spielt im New York der 80er Jahre. June ist 14, als ihr geliebter Onkel Finn, ein berühmter Maler, an Aids stirbt. Das erfährt der Leser schon auf den ersten Seiten, darum verrate ich damit nicht zu viel.
Was allerdings nach Finns Tod mit Junes Familie geschieht und mit dem Bild, das Finn für seine Nichten June und Greta und hinterläßt, das sei hier nicht verraten. Auch was es mit Toby, dem schlaksigen Engländer, auf sich hat, der bei der Beerdigung nicht erwünscht ist, müssen sie selbst lesen. Und ich bitte sehr darum, dass Sie das tun, denn dieses Buch hat mich berührt und erfreut. Es ist traurig und schenkt dennoch Hoffnung. Wenn Ihnen Bendict Wells Roman „Vom Ende der Einsamkeit" gefallen hat, dann müssen Sie unbedingt „Sag den Wölfen, ich bin zu Hause" lesen. Oder wenn Sie ganz einfach einen ergreifenden und wunderbar erzählten Roman lesen wollen, ist dieser perfekt!
Lesetipp von Michael Keune - 14.03.2018
Roman, Klett-Cotta, Herausgegeben von Peter Graf, 20,00 €
Es ist das Jahr 1938. Die Novemberpogrome werden ausgerufen und damit beginnt die Verfolgung der Juden in Deutschland. Für eine Vielzahl von Menschen geht es um Leben oder Tod. So auch für den Kaufmann Otto Silbermann. Aus der Wohnung vertrieben, von der Ehefrau getrennt, das Geschäft verloren. Nur mit einer Aktentasche voller Geld irrt er ziellos umher und verbringt endlose Zeit in Zügen oder auf Bahnhöfen. Selten weilt er in kleinen Lokalen, um ein wenig Ruhe zu haben. Ins Ausland zu fliehen, gelingt nicht; illegal die Grenze zu überqueren, scheitert. Seine Würde zerbricht und am Ende der Verstand. Boschwitz hat diesen Roman in sehr kurzer Zeit geschrieben. Er selbst wurde vor Kriegsbeginn interniert und nach Australien gebracht. Auf der Rückreise sinkt das Schiff, durch einen Torpedo getroffen. Er stirbt mit 27 Jahren. Dieses Zeitdokument ist nun zum ersten Mal auf Deutsch erschienen. Es schildert den Lebensweg eines einzelnen Menschen, aber es steht für das Schicksal zahlreicher Juden. Berührend und erschütternd.
Lesetipp von Sönke Christiansen - 07.03.2018
Aus dem Englischen von Joachim Körber
Roman, mareverlag, 22,00 €
Wir befinden uns im 19. Jahrhundert und die Zeit des Walfangs geht allmählich zu Ende.
Da heuert der Eigner des Walfangschiffs „Volunteer" nochmal eine Mannschaft aus zwielichtigen Gestalten für eine letzte Fahrt in die Arktis zusammen. Da ist zum einen Henry Drax, der brutale und gewissenlose Harpunier, aber auch der Bordarzt Patrick Summer hat ein dunkles Geheimnis zu hüten. Dabei verfolgt der Kapitän für diese Fahrt seine ganz eigenen dunklen Ziele.
Dies ist kein Buch für zartbesaitete Leser. Das zeigt sich nach wenigen Seiten bereits daran, dass schon vor dem Ablegen der „Volunteer" zwei Morde geschehen. Nicht nur, dass allein das Handwerk des Walfangs ein äußerst brutales ist - nebenbei werden auch noch reihenweise Robben erschlagen - sondern auch die handelnden Personen sind alles andere als sensibel und dazu noch die immer härter und erbarmungsloser werdenden klimatischen Bedingungen der Arktis...
Man wird schnell in diese Geschichte hineingezogen und sie lässt einen bis zum Ende nicht mehr los. Das richtige Buch für alle, denen „In eisigen Höhen" von Jon Krakauer oder auch „Der goldene Handschuh" von Heinz Strunk gefallen hat.
Klaus Modick: Keyserlings Geheimnis
von Nicole Christiansen,
18.04.2018
Alexander Oetker: Château Mort
von Ingrid Fiedler,
11.04.2018
Anthony Horowitz: Die Morde von Pye Hall
von Sigrid Lemke,
28.03.2018
Carol Rifka Brunt: Sag den Wölfen, ich bin zu Hause
von Susanne Sießegger,
21.03.2018
Ulrich Alexander Boschwitz: Der Reisende
von Michael Keune,
14.03.2018
Ian McGuire: Nordwasser
von Sönke Christiansen,
07.03.2018
Hannes Köhler: Ein mögliches Leben
von Nicole Christiansen,
01.03.2018
Fernando Aramburu: Patria
von Susanne Sießegger,
28.02.2018
Markus Orths: Max
von Ingrid Fiedler,
31.01.2018
Haruki Murakami: Die Ermordung des Commendatore I
von Michael Keune,
31.01.2018
Ann Cleeves: Die Tote im roten Kleid
von Sigrid Lemke,
31.01.2018
Julia Korbik: Oh, Simone!
03.01.2018
Axel Hacke: Über den Anstand in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wir miteinander umgehen
von Nicole Christiansen,
03.01.2018
Jan Seghers: Menschenfischer
von Sigrid Lemke,
01.12.2017
Ljudmila Ulitzkaja: Jakobsleiter
von Ingrid Fiedler,
29.11.2017
Jan Philipp Reemtsma: Einige Hunde
von Michael Keune,
22.11.2017
Ayelet Gundar-Goshen: Lügnerin
von Nicole Christiansen,
01.11.2017
Marc-Uwe Kling: Qualityland
01.11.2017
Jane Austen: Vernunft und Gefühl
von Susanne Sießegger,
20.10.2017
Katrin Burseg: In einem anderen Licht
von Sigrid Lemke,
27.09.2017
Ulla Hahn: Wir werden erwartet
von Ingrid Fiedler,
21.09.2017
Don Winslow: Corruption
von Sönke Christiansen,
01.09.2017
Arundhati Roy: Das Ministerium des äußersten Glücks
31.08.2017
Linda Boström Knausgard: Willkommen in Amerika
von Michael Keune,
30.08.2017
Rainbow Rowell: Fangirl
von Susanne Sießegger,
05.08.2017
Seite: 14 von 24 | Lesetipps 326 bis 350 von 597 | neuer | älter